29 Juni 2006

5. Etappe (Wolkenstein - Alleghe)

(Untertitel: It ever rains in Wolkenstein)

Ich liege völlig erschossen in Alleghe im Hotel auf dem Bett und schaue in blauen Himmel und Sonne und kann nicht fassen was sich auf der heutigen Etappe abgespielt hat.

Heute Nacht konnte ich mal wieder nicht schlafen, um 0:30 musste ich auf Toilette und dann lag ich bis nach 3:00 Uhr wach. Ich fühlte mich fit und ausgeruht, nur meine Beine zeigten Symptome von Muskelkate. Draußen war auch alles ruhig, so dass ich mich schon auf die Etappe nach Alleghe freute und irgendwann wieder einschlief. Um 5:30 wurde ich dann von heftigen Gewitterschauern geweckt, ich war gerädert und unausgeschlafen, also völlig das Gegenteil von heute Nacht. Um 6:00 Uhr quälte ich mich aus dem Bett, mit einem Moralpegel von Null. Trotzdem zog ich meine Radsachen an, ¾-Hose, Langarm-Trikot und Regenklamotten komplett: Überschuhe, Hose, Jacke und Helmhaube. Ich sah aus wie Rotkäppchen aber das war mir egal, denn ich hasse Regen.

Am Start ließ der Regen auch nicht nach, ich stand überhaupt endlich da wo ich leistungsmäßig wohl auch hingehöre, im Startblock „D“. Ich hatte gestern also zuviel Boden verloren – an meinem Teampartner liegt es jedenfalls nicht, denn bergauf bin ich von uns beiden die wirkliche Schnecke. Aufgrund meines Outfits erntete ich jedenfalls jede Menge höhnische Blicke und auch Worte, aber auch das war mir egal.

Nach dem Start mussten wir sofort in den ersten Pass fahren, das Sella Joch, und es zeigte sich, dass meine Akkus leer sind. In meinen Beinen ist nichts mehr, was man für einen guten Aufstieg zum Pass nutzen könnte. Ich bin froh, wenn ich überhaupt noch die Kurbel gedreht bekomme. Trotzdem schaffte ich es bei strömendem Regen oben auf dem Pass anzukommen. Bei der Abfahrt zeigte sich dann, dass meine Regenmontur gar nicht so schlecht gewählt war, denn viele, die mich beim Aufstieg überholt hatten, konnte ich jetzt in der Abfahrt wieder aufrollen, denn sie schlotterten vor Kälte (und man staune, ich Frostködel fand es warm). Das gleiche Spiel wiederholte sich am zweiten Pass, ich quälte mich den Berg rauf und wurde von vielen wieder überholt und hinab konnte ich wieder viele frierende Radfahrer überholen.

Dass ich die Berge schon fast nicht mehr raufkomme ist auch daran zu erkennen, dass mir nicht aufgefallen ist, dass neben dem Totalausfall meines Tachos auch die Kilometeranzeige meiner Pulsuhr bei Kilometer 52,4 stehen geblieben ist. Ich habe etliche Male draufgeschaut, dass die Anzeige jedoch steht, habe ich erst nach mehreren Kilometern realisiert.

Am dritten und vierten Pass war das Feld dann schon arg ausgedünnt, denn es sollen heute über 100 Radfahrer im Besenwagen oder Taxen gelandet sein (leider auch eine Nordschnecke aus Team I!).

Obwohl am dritten Pass das Wetter besser wurde und man die Regenklamotten ausziehen konnte erwischte es uns am vierten und letzten Pass knüppeldick. Der Passo Duran war nicht nur steil, dass einem jegliche Lust auf Rennradfahren verging, er war auch noch 9 km lang. Zusätzlich zog ein richtiger Gewittersturm auf. Es schüttete aus Kübeln, donnerte und blitzte gleichzeitig und es stürmte. Ich konnte mich nur durch mehrmaliges Wutgeschrei abreagieren, denn nach jeder Kehre schien eine neue Rampe auf uns zu warten. Aber auch dieser Pass wurde fahrend oder sagen wir besser rollend überwunden. In der Abfahrt versagte dann gleich meine Hinterbremse, da jedoch die Vorderradbremse reichte (obwohl es teilweise 15% steil war) entschloss ich mich das Spiel von den anderen Pässen zu wiederholen: schön viele Radfahrer überholen (einer bremste sogar mit den Schuhsohlen, weil seine Bremsen inzwischen runtergebremst waren, andere wählten den Fußmarsch.

Glücklich und heil unten angekommen hatten wir dann „nur noch“ 20 km leicht ansteigende Straße vor uns, leider jedoch wieder mit Gegenwind. Aber nach ca. 7:10 Std. waren wir endlich im Ziel – ich, im Gegensatz zu meinem Teampartner, völlig erschossen und am Ende. Wie es morgen werden soll, kann ich zurzeit nicht sagen, ich bezweifle, das ich ich überhaupt noch auf das Rad komme, geschweige denn die Radkurbel gedreht bekomme bzw. schmerzfrei auf dem Sattel noch sitzen kann.

 

Leider sind nicht nur meine Kraftakkus alle, auch der Laptopakku neigt sich dem Ende und aufladen kann ich ihn nicht, da ich keinen passenden Adapter für die Steckdosen hier habe.

Deshalb: schnell tschüß und bis morgen

Jörg